Vom Buddhismus, Meditation und Atemtechniken zur Grundlage aller heute bekannten asiatischen Kampfsportarten – Shaolin gilt als Geburtsstätte der Kampfkünste.
Shaolin Kung-Fu
Das Shaolin Kung Fu wird als ältestes systematisches Kampfsystem der Welt angesehen. Als Gründer wird der indische Mönch Bodhidharma betrachtet. Bodhidharma kam im 6. Jahrhundert n. Chr. nach China, um die Lehren des Chan (Zen) zu verbreiten. Er fand Aufnahme im Kloster Shaolin-Szu, welches im nördlichen China in der Provinz Honan liegt. Im Kloster Shaolin lebte er in Askese und Meditation. Der über sechzigjährige Mann muss über eine aussergewöhnlich gute Kondition verfügt haben, denn nur wenige konnten seine Meditationsübungen die er lehrte, nachvollziehen, da den meisten seiner Schüler die nötige geistige und körperliche Kraft dazu fehlte.
Deshalb soll Bodhidharma ein System von Atemtechniken und gymnastischen Übungen erdacht haben, das anfänglich nicht so sehr den Aspekt der Selbstverteidigung betonte wie den der Körperübung. Seine Übungstechnik bestand der Überlieferung zufolge aus den zehn “Mönchsübungen” und den vierundzwanzig “Muskelspielen”. Die “Mönchsübungen” waren in erster Linie gymnastische Bein-, Rumpf- und Armbewegungen, während die Mönche in den “Muskelspielen” lernen sollten, willentlich und vollkonzentriert einzelne Muskelpartien ihres Körpers unabhängig voneinander anzuspannen.
Nach Bodhidharmas Tod geriet sein System lange Zeit in Vergessenheit, bis im 13. Jh. n. Chr. ein Mann namens Chueh Yuan Priester im Shaolin-Tempel wurde. Er fügte weitere Übungen hinzu und bemühte sich um die Verbreitung des Shaolin Kung Fu. Da es inzwischen auch noch andere Shaolin-Kloster gab, wuchs die Popularität des Shaolin-Tempelboxens in China sehr schnell. Zu diesem Zeitpunkt kann man bereits eine verstärkte Betonung der Selbstverteidigung feststellen. Dies hing in erster Linie damit zusammen, dass die Insassen der neuentstandenen Klöster und Tempel ebenso wie die Wander- und Bettelmönche immer häufiger Opfer von Räubern und Wegelagerern wurden.
Von den politischen Wirren der nächsten Jahrhunderte waren auch oft die Mönche der Shaolin-Klöster betroffen. So wurde es unerlässlich, sich auch im Umgang mit Waffen zu üben. Dieses Training mit Schwert, Säbel, Messer, Lanze und Stock konnte nur im geheimen stattfinden, da nur Soldaten das Tragen und Benutzen von Waffen gestattet war.
Shaolin & Chin-Woo
Durch die guten Beziehungen von Grossmeister Kok Yeng Chow zum Abt des Klosters sind nicht nur Trainingsreisen ins Shaolin Kloster unternommen worden, sondern es unterrichteten uns auch mehrere Male Shaolin Mönche in der Schweiz. Der Mensch, schwächer als das Tier, musste stets seine höhere Intelligenz einsetzen, um zu überleben. Von den unterschiedlichsten Tieren lernten die Mönche grundlegende Kampf- und Verteidigungsstellungen. Doch anstatt die Bewegungen bloss oberflächlich zu kopieren, machten sich die Meister das Grundprinzip zu Eigen. Das Hauptaugenmerk galt dabei immer den Verteidigungs-, aber nie den Angriffsstellungen. Die klassische und älteste Übung des Shaolin Kung Fu ist die Tierimitation. Das Beobachten und Nachahmen der Tiere lehrte dabei die Mönche die Basis Ihrer Kunst.
Im Laufe der Jahre entwickelten die Mönche immer mehr, immer neuere und bessere Waffen, deren Beherrschung in höchster Perfektion eines der Ausbildungsziele des jahrzehntelangen Trainings im Kloster ist. 1500 Jahre lang brachten diese Basisübungen des Shaolin Boxens China die Schlüsselstellung bei der Entwicklung der Kampfkünste.
Dieses System kennt weder Zensuren noch Prüfungen, nur Wissensdurst und den Wunsch, Wissen zu vermitteln. Wer seinen Meister gefunden hat und von diesem aus der Vielzahl von Bewerbern nach charakterlichen Kriterien ausgewählt wurde, folgt ihm bis zu dessen Tode. Tag und Nacht, 24 Stunden täglich. Der Schüler lernt und erfährt über Religion und Geschichte, von der Harmonie zwischen Körper und Geist, von der Beherrschung der Materie und von den Grundprinzipien des Lebens und der Natur.
Das Verhältnis Lehrer-Schüler dauert ein Leben lang und ist geprägt durch die Autorität des Wissenden und der Demut des Lernenden.
Ruhe und Schnelligkeit, Beobachtung und Reaktion, gleichmässige Bewegung und blitzartiger Angriff sind auch heute die Grundlage aller bekannten, harten und weichen Kampfkünste. Aus den anfänglichen klassischen Boxübungen des Shaolin Kung Fu entwickelten sich die Kampfsportarten mit verschiedenen Waffen. Mit Stock, Speer, Schwert, Dreizack und Peitsche – insgesamt 18 klassische Waffengattungen.
Die Geschichte des Shaolin-Tempels
Der Shaolin-Tempel und das damit verbundene Shaolin Kung Fu haben eine faszinierende Geschichte und spielen eine bedeutende Rolle in der chinesischen Kultur. Der Shaolin-Tempel, auch bekannt als das “Shaolin-Kloster”, befindet sich in der Provinz Henan, am Fusse des Song-Berges. Die Ursprünge des Tempels reichen bis in das 5. Jahrhundert zurück, als der indische Mönch Batuo den Tempel gründete, um den Buddhismus in China zu verbreiten.
Die Verbindung von Shaolin Kung Fu und Buddhismus
Die Verbindung zwischen dem Shaolin-Tempel und den Kampfkünsten entstand jedoch erst im 6. Jahrhundert mit der Ankunft eines weiteren indischen Mönchs namens Bodhidharma. Er wird oft als der Begründer des Zen-Buddhismus in China angesehen und soll den Mönchen des Shaolin-Tempels Übungen beigebracht haben, um ihre körperliche und geistige Gesundheit zu verbessern. Diese Übungen, die als “18 Hände des Lohan” bekannt sind, bildeten die Grundlage für die Entwicklung des Shaolin Kung Fu.
Im Laufe der Jahrhunderte perfektionierten die Shaolin-Mönche ihre Kampfkunstfähigkeiten und integrierten sie in ihre spirituelle Praxis. Das Shaolin Kung Fu zeichnet sich durch kraftvolle, schnelle Bewegungen und eine Vielzahl von Techniken aus, darunter Schläge, Tritte, Würfe und Bodenkampf. Die Mönche entwickelten auch den Umgang mit verschiedenen Waffen wie Stäben, Schwertern und Speeren.
Der kulturelle Einfluss des Shaolin-Tempels
Der kulturelle Einfluss des Shaolin-Tempels und seiner Kampfkünste ist weitreichend. In der chinesischen Geschichte gibt es viele Legenden und Geschichten über die Heldentaten der Shaolin-Mönche. Sie wurden oft als Verteidiger der Gerechtigkeit und Beschützer der Schwachen dargestellt. Während der Tang-Dynastie (618-907) sollen Shaolin-Mönche sogar an Schlachten teilgenommen und dem Kaiser geholfen haben, Aufstände niederzuschlagen.
Die Verbindung zwischen Shaolin Kung Fu und Buddhismus ist ein wesentlicher Aspekt der Shaolin-Kultur. Die körperlichen Übungen werden als Mittel zur geistigen Disziplin und Erleuchtung betrachtet. Die Mönche praktizieren Meditation und folgen den Lehren des Buddhismus, um inneren Frieden, Mitgefühl und Weisheit zu kultivieren. Das Training im Shaolin Kung Fu dient nicht nur der Selbstverteidigung, sondern auch der Charakterentwicklung und spirituellen Kultivierung.
Der Shaolin-Tempel in der modernen Zeit
Im 20. Jahrhundert erlangte der Shaolin-Tempel internationale Bekanntheit, insbesondere durch Mediendarstellungen und Populärkultur. Filme wie “Shaolin Tempel” (1982) mit Jet Li trugen dazu bei, das Interesse an Shaolin Kung Fu weltweit zu steigern. Viele Menschen reisten nach China, um die Kampfkunst zu erlernen, und Shaolin-Mönche begannen, ihre Fähigkeiten in Vorführungen und Tourneen zu präsentieren.
Heute ist der Shaolin-Tempel nicht nur ein spirituelles Zentrum und eine Ausbildungsstätte für Kampfkünste, sondern auch eine bedeutende Touristenattraktion. Besucher können die beeindruckende Tempelanlage besichtigen, den Mönchen beim Training zusehen und mehr über die Geschichte und Philosophie des Shaolin Kung Fu erfahren.
Allerdings hat die Kommerzialisierung auch Herausforderungen mit sich gebracht. Einige kritisieren, dass der spirituelle Aspekt des Shaolin-Tempels in den Hintergrund gerückt ist und der Fokus zu sehr auf der Vermarktung der Kampfkünste liegt. Trotzdem bleibt der Shaolin-Tempel ein Symbol für die reiche kulturelle Tradition Chinas und die Verbindung von Körper, Geist und Seele.
Das Erbe des Shaolin Kung Fu
Das Erbe des Shaolin Kung Fu lebt auch außerhalb Chinas weiter. Weltweit gibt es Schulen und Lehrer, die diese Kampfkunst unterrichten und die Philosophie des Shaolin-Weges vermitteln. Shaolin Kung Fu hat nicht nur andere Kampfkunststile beeinflusst, sondern dient auch als Inspiration für Menschen, die nach körperlicher Fitness, innerer Ruhe und persönlicher Entwicklung streben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Shaolin-Tempel und das Shaolin Kung Fu einen bedeutenden Platz in der chinesischen Kultur und Geschichte einnehmen. Von seinen Ursprüngen als spirituelles Zentrum bis hin zu seiner Entwicklung als Kampfkunst hat der Shaolin-Tempel die Vorstellungen von Disziplin, Hingabe und Harmonie geprägt. Obwohl sich die Welt um den Tempel herum verändert hat, bleibt seine Essenz bestehen – die Verbindung von Körper und Geist durch die Praxis des Kung Fu und die Lehren des Buddhismus. Das Vermächtnis des Shaolin-Tempels inspiriert weiterhin Menschen auf der ganzen Welt und erinnert uns an die Kraft der inneren Stärke und die Bedeutung von Tradition und spirituellem Wachstum.